Bitcoin City – Was genau plant El Salvador da?

Der Bitcoin hat seinen unaufhaltsam scheinenden Höhenflug auch im Jahr 2021 fortgeführt und gleich zweimal ein neues Allzeithoch feiern können. Am 10. November sprang das Aushängeschild der Krypta-Branche auf den Wert von 68.744,03 US-Dollar. Vielerorts fragen sich Experten im Finanzsektor, wo die Reise des Bitcoins hinführt – in El Salvador scheint man dafür eine Antwort gefunden zu haben: Immer weiter nach oben. Das Land in Zentralamerika setzt nämlich voll und ganz auf die Krypto-Währung und hat den Bitcoin im September 2021 zu einem offiziellen und gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht. El Salvador ist damit das erste Land der Welt, das diesen Schritt gegangen ist.

Ein außergewöhnlicher Schritt, da man El Salvador nicht wirklich auf dem Schirm hat, wenn es um Krypto-Währungen und Wertpapiere geht. Doch der Schein trügt, denn die Regierung hat in diesem Bereich große Pläne, die noch weitgehend außergewöhnlicher sind als der Bitcoin als Zahlungsmittel.

El Salvador plant eine „Bitcoin City“

Tatsächlich schickt sich El Salvador an, zu einem echten Vorreiter rund um die Krypto-Währung zu werden. Das hat der mit seinen 40 Jahren noch recht junge Staatschef des Landes an der Pazifikküste jüngst klar gemacht: Die Nutzung des Bitcoins soll immer weiter vorangetrieben werden und es soll sogar zum Bau der ersten „Bitcoin City“ kommen, wie sie Nayib Bukele nennt. Diese soll die erste Stadt darstellen, welche aus den Einnahmen rund um die neuen Bitcoin-Bonds entstehen soll.

Die Stadt in dem Land mit rund 6,5 Millionen Einwohnern soll sich in der Region La Union erheben, die im Osten von El Salvador an einer malerischen Bucht, dem Golf von Fonseca liegt. Rund um die Stadt soll es so einige Besonderheiten geben und es soll sogar die ein oder andere revolutionäre Idee umgesetzt werden.

Vulkanenergie zum Crypto-Mining

Die erste Besonderheit zeigt sich gleich durch den Standort der neuen „Bitcoin-City“, die nicht nur an der Pazifikküste, sondern vor allem auch am Fuße des Vulkans Conchagua liegt. Das ist kein Zufall. denn die geothermische Energie des Vulkans soll genutzt werden, wie Bukele verriet. Demnach prüfe der Staat gerade, ob es denn möglich ist, die Vulkanenergie zum Krypto-Mining zu nutzen. Oder um es einfach auszudrücken: Die Vulkanenergie zur Generierung der Kryptowährung zu nutzen.

Eine weitere Besonderheit dreht sich rund um die Steuern. Laut dem Präsidenten von El Salvador sollen in „Bitcoin City“ nämlich keine Steuern außer der Mehrwertsteuer erhoben werden. Die Hälfte der Mehrwertsteuer werde für Dienstleistungen innerhalb der Stadt, wie die Finanzierung der Müllabfuhr, gebraucht. Die andere Hälfte fließe in die Bitcoin-Anleihen, die beim Bau ausgegeben wurden. Außerdem ist die Stadt laut Bukele komplett ökologisch geplant.

Präsident versucht Investoren anzuwerben

Präsident Bukele tritt unterdessen eher auf wie ein Popstar als ein Staatsmann. Bei öffentlichen Veranstaltungen trägt er zumeist eine nach hinten gedrehte Baseball-Cap. Außerdem kleidet er sich gerne ganz in weiß. In diesem Outfit sprach er jüngst auch im Rahmen einer Werbewoche im Badeort Mizata. „Investieren Sie hier und verdienen Sie so viel Geld, wie Sie wollen“, lockte Bukele da mögliche Investoren. Das beschreibt die Taktik recht gut, die El Salvador rund um die „Bitcoin City“ fährt.

Investoren braucht das Land unbedingt, den günstig soll die Stadt nicht werden. Bukele schätzt, dass die öffentliche Infrastruktur in etwa die Kosten von 300.000 Bitcoins haben wird. Derzeit ist der Kurs der Bitcoins bei rund 50.000 Euro. Das würden dann in etwas 15 Milliarden Dollar für den Bau der „Bitcoin City“ bedeuten. Ins Rollen kommen soll das Projekt im nächsten Jahr, wenn die ersten Bitcoin-Bonds ausgegeben werden sollen. Dabei soll es auch zu einer Anleihe des Vulkans in Höhe von einer Milliarde US-Dollar kommen.

Kritik am Präsidenten und El Salvador

Bukele ist seit 2019 Präsident des Landes und genießt eigentlich eine große Beliebtheit. Die Einführung des Bitcoins hat dieser allerdings in Teilen von El Salvador einen Dämpfer verpasst. Denn die durchaus holprige Einführung der Krypto-Währung haben nicht alle Einwohner gerne gesehen. Es kam sogar schon öfters zu Protesten gegen die Bitcoin-Politik von Bukele und El Salvador.

Trotzdem müssen seit September alle Händlerinnen und Händler den Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren – auf jeden Fall dann, wenn sie technisch dazu in der Lage sind. Die Bürger von El Salvador können mittlerweile sogar ihre Steuern in der digitalen Währung bezahlen – ein solch fortschrittliches System rund um den Bitcoin gibt es bislang nur in dem lateinamerikanischen Land – wo man ein solches nun wirklich nicht zuerst erwarten würde.

Bukele und die Regierung haben sich bei der Einführung des Bitcoins etwas gedacht. Das gängige Zahlungsmittel ist in El Salvador seit 2001 eigentlich der US-Dollar – und dadurch ist El Salvador von der Geldpolitik der US-Notenbank abhängig. Das hemmt in manchen Teilen das Wirtschaftswachstum des Landes und macht es enorm abhängig von anderen Ereignissen auf der Welt und speziell in den USA. Der Bitcoin hingegen basiert allein auf marktwirtschaftlichen Faktoren und Kriterien. Daher sei es nötig, die digitale Währung für das Wirtschaftswachstum der Nation einzuführen, steht im Text des Gesetzes rund um den Bitcoin in El Salvador.

Kritik auch aus dem Ausland

Doch nicht nur in in El Salvador haben sich einige kritische Stimmen erhoben – auch im Rest der Welt wird die Aktion des Landes mit gemischten Gefühlen betrachtet. Ein großer Kritikpunkt ist die kaum vorhandene Regulierung des Bitcoins. Ein weiterer Faktor, der gerade in der aktuellen Zeit immer wichtiger wird, ist der hohe Energieverbrauch, der mit der Erschaffung der Coins einhergeht. Um diese Kritiker verstummen zu lassen, prüft El Salvador die Möglichkeit der Vulkanenergie.

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Es gibt aber noch einen weiteren Faktor, der nicht außer Acht gelassen werden sollte: Durch die Einführung des Bitcoins könnten sich kriminelle Handlungen in El Salvador verstärken. Es geht dabei vor allem um Geldwäsche. Christian Ambrosius , Mitarbeiter an dem Institut für Lateinamerika an der Freien Universität Berlin hält das Projekt daher für ein gefährliches Experiment. Er spricht von einem „Paradies der Geldwäsche“, welches El Salvador da gerade erschaffe. Die Meinungen dabei gehen aber auseinander. Es gibt auch Stimmen, welche die Kritik bezüglich Geldwäsche nicht verstehen können, da es sich beim Bitcoin um eine an sich transparente Blockchain-Technologie handelt.

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